Mit dem Erwachen zu spiritueller Erkenntnis verhält es sich
aus meiner Sicht ähnlich wie mit dem Lernen neuer Inhalte. Zwar kann sich der
tiefere Sinn einer Weisheit blitzschnell offenbaren und ich verstehe die Welt
und das Leben plötzlich besser, aber um diese Erfahrung in mein Leben zu
integrieren, ist es nötig, diese auch zu wiederholen, bis sie zur eigenen
Wahrheit geworden ist. Denn nur, wenn sich das Wissen gefestigt hat, wird es
zur Grundlage meines Handelns und ich kann eine spezielle Erfahrung oder
Offenbarung mit anderen verbinden und zu einem großen Ganzen zusammensetzen.
Wie wir leichter lernen
Es ist schon viele Jahre her, da habe ich das interessante
Buch „So lernt man lernen“ von Sebastian Leitner gelesen. Das Leitnersche
Lernsystem beinhaltet nichts weiter als die Methode, die uns heute als
Lernkartei zur Verfügung steht. Vor allem beim Lernen von Vokabeln beim
Erlernen einer Fremdsprache hilft es schnell weiter.
Das Prinzip ist einfach. Der Lerninhalt wird auf eine
Karteikarte übertragen und über ein Kastensystem in verschiedene Lernkästen einsortiert.
Ein einmal erinnerter Inhalt wird in verschieden langen Abständen so lange
wiederholt, bis er in der Erinnerung fest verankert ist und auch nach sehr
langen Zeiträumen nicht mehr in Vergessenheit gerät. Die Lernkartei wird dabei
in verschieden lange Zeiträume unterteilt.
Ein Inhalt sollte idealerweise nach ein paar Stunden, dann
nach einem Tag, nach einer Woche, einem Monat und schließlich nach drei Monaten
erneut wiederholt werden. Wurde der Inhalt nach einem Monat vergessen, rutscht
dieses Kärtchen wieder in den ersten Kasten und das Lernen muss von neuem
beginnen. Sobald dieser Zyklus einmal vollständig durchlaufen wurde, ist das
Wissen fest in unserem Gehirn gespeichert. Dies gilt nicht nur für das Lernen
von Vokabeln, sondern auch für das Begreifen von Rechenwegen, geschichtlichen
Zusammenhängen, chemischen Reaktionen und so weiter.
Alle so gespeicherten Lerninhalte bleiben uns lange erhalten
und lassen sich mit neuen Lerninhalten verknüpfen. Schwierigere Zusammenhänge
leuchten uns leichter ein, wir finden kreativere Lösungen für unsere Probleme
und so weiter.
Offenbarungen wiederholt erleben
Auf das spirituelle Erwachen übertragen, bedeutet das, wir
müssen eine Offenbarung ebenfalls wiederholen, damit sie nicht nach einer Weile
wieder in Vergessenheit gerät und unsere Suche von vorne beginnen muss.
Ich will dazu ein Beispiel anbringen: Wenn ich einen Ratgeber
lese oder ein interessantes Seminar besuche, dann erlebe ich viele Aha-Effekte:
„Ach so fühlt sich das an“,
„Ja, genau“,
„Oh, das macht Sinn“,
„Klar, wenn ich es so mache, geht es leichter.“
Es fühlt sich ganz wunderbar an, diese Tipps alle zu
bemerken und eine gewisse Erleichterung zu verspüren. Wenn ich aber das Buch
dann zuklappe oder wenn das Seminar beendet ist, dann verblassen diese Inhalte
wieder, sofern ich sie nicht anwende oder zumindest theoretisch wiederhole. Ein
Zitat, das ich in diesem Zusammenhang gerne anbringe, stammt von Goethe
„Es ist nicht genug zu wissen - man muss auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen - man muss auch tun.“
- Johann
Wolfgang von Goethe –
Wenn
ich mein Wissen wiederhole und anwende, wird es bald zur Selbstverständlichkeit
und es fällt mir leichter, Inhalte abzurufen und erneut mit anderen Inhalten zu
verbinden. Eine Offenbarung ist zwar schön und gut, aber wenn ich mich auf
meinem spirituellen Weg weiterentwickeln will, reicht eine Offenbarung nicht
aus. Ich muss sie wiederholen und in mein Leben integrieren, sonst ist sie für
mich nutzlos.
Wenn
ich also meinen PAB - Plötzlich Alles Bewusst – Moment intensiv erlebt habe, so
ist er zwar sehr präsent, aber nach ein paar Ablenkungen nichts weiter als eine
schöne Erinnerung. Vielleicht gerät er sogar in Vergessenheit und ich befinde
mich wieder in der alten Welt ohne die bewusste Verbindung zum Leben. Und dann
weiß ich zwar, dass es etwas gibt, wonach es sich zu suchen lohnt, aber die
Suche muss von vorne beginnen. Vielleicht gestaltet sich die Suche dann sogar
schwieriger, weil der alte Weg eine Sackgasse war und ich einen neuen finden
muss.
Den PAB – Plötzlich Alles Bewusst - Moment erneuern
Deshalb
meditiere, kontempliere und bete ich, damit ich diesen PAB-Moment immer wieder
bewusst herstellen kann, solange, bis ich mir den ganzen Tag über bewusst bin
und jederzeit meine Gedanken und Gefühle als Beobachter wahrnehme. Dann lenkt
mich nichts mehr ab und ich kann einen Schritt weiter gehen. Das kann lange dauern,
denn sich spirituell weiterzuentwickeln ist genauso zeitaufwändig wie eine neue
Gewohnheit in sein Leben zu integrieren, nur dass es sich kampflos und leichter
anfühlt, denn die Erinnerung und Wiederholung einer so positiven Erfahrung ist
berauschend und erfrischend. Das spirituelle Erwachen gleicht dem Schritt auf
eine Treppe nach oben – mit jedem Schritt offenbaren sich mehr Details. Und je
öfter ich denselben Schritt gehe, umso breiter und sicherer wird die
Treppenstufe, auf der ich stehe. Ein Fallen nach unten zurück in die
Unbewusstheit wird schwieriger.
Deshalb
versuche ich, meine PAB-Momente zu wiederholen und somit zu festigen.
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